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Friedhofskapelle | Thalheim

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In der Kirchgemeinde Thalheim war über einen längeren Zeitraum der Wunsch gereift, die gestalterischen und funktionalen Mängel der hoch über der Kleinstadt thronenden historistischen Friedhofskapelle zu lösen. Ein gemeinsamer partizipativer Prozess mit Mitgliedern der Kirchgemeinde, des Bauausschusses, der Friedhofsverwaltung, der kirchlichen Baupfleger, des Landesdenkmalamts und den beauftragten Architekten suchte Lösungen für folgende Fragestellungen:

  • Die Ausrichtung zur Apsis bei gleichzeitig längs gerichtetem Raum bewirkt eine Teilung in zwei Fraktionen + Pfarrer + Verstorbene(r), die miteinander nur mittelbar in Beziehung stehen
  • Die Gemeinde wünscht eine gemeinsame Blickrichtung; Pfarrer und Verstorbene(r) sollten im Zentrum der Gemeinde sein
  • Defizitär ist zudem die enge räumliche Situation in der Apsis mit rückstehendem Kreuz, Altar und Ambo
  • Die Farbgestaltung des Andachtsraums mit cremeweißen Wänden und Gestühl sowie violettfarbenen Zierelementen wirkt kühl und trist
  • Das gereihte längs gerichtete Gestühl wirkt als Barriere und verstärkt die hallige Akustik
  • Die Barrierefreiheit ist ungelöst, sowohl hinsichtlich des Zugangs als auch der auf Holzpodesten ruhenden Bänke

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Die entwickelten Eingriffe sind minimalinvasiv, aber wirkungsvoll. Die Holzpodeste werden entfernt, aber durch einen dunklen Steinrahmen und helleren Granitbelag ablesbar gelassen. Innerhalb dieser Rahmen wird das holzsichtig restaurierte Gestühl gekürzt und „gelichtet“ in einer gedrehten zur Apsis gerichteten Aufstellung neu eingebaut. Damit ändert sich fundamental die Raumwirkung – der Andachtsraum wirkt lichter und offener. Die Apsis erhält eine neu konzipierte lithurgische Ausstattung aus Kreuz, Kerzenständern und Ambo in einer schlichten Ausführung aus massivem Eichenholz.

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Eine vorhandene Nebentür wird vergrößert und stellt den in einem Folgeprojekt zu schaffenden barrierefreien Zugang dar. Die neue Farbgestaltung ist erdig, umschließend und natürlich. Restaurierte Holzflächen der Bänke und Türen sowie die neue Eichenholzflächen der Lithurgie harmonieren mit sandsteinfarbenen Gesimsbändern und dem dazu abgestuften Wandfond. Das in Altweiß gehaltene Deckengewölbe, die Apsis und Empore setzen die restaurierten Bleiglasfenster und vergoldeten Gloriolen neu in Szene.

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Im Fokus des Umgestaltungsprojekts stand die Verwendung des Vorhandenen und die kreative Arbeit mit diesen Bauteilen und Konstruktionen. Anstelle der ausgrenzenden Holzpodeste wurde ein verbindender Belag eingebaut als Ergänzung des Bestehenden, aber in Kenntlichmachung des Ursprünglichen. Die neue Tür, die die Barrierefreiheit herstellen wird, wurde in traditioneller Bauweise der vorhandenen gefertigt. Die lithurgische Ausstattung wurde in Massivholz mit traditionellen Verbindungstechniken hergestellt. Das Neue bei diesen Ausstattungen wird jeweils durch die Holzart – Eiche – kenntlich gemacht, die einen feinen Kontrast du den restaurierten Nadelholzflächen bildet.

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Die jeweils aus drei Feldern bestehenden Sitzbänke wurden ausgebaut und beidseitig symmetrisch gekürzt. Die Stirnflächen wurden danach wieder montiert. Für ein lichteres Erscheinungsbild erhielten die Rückseiten Öffnungen. Nach dem Entlacken wurden die Bänke holzsichtig geölt und gedreht wieder eingebaut und erhielten neue Bankheizungen, die verdeckt unter der Decke angeschlossen wurden. Die Zugangstüren wurden ebenfalls entlackt und holzsichtig geölt.

Die Malerarbeiten wurden mit traditionellen Techniken und Farben ausgeführt. Ziel der Farbgestaltung war eine erdige, umschließende Atmosphäre, die mit den Holzflächen harmoniert und die restaurierten Bleiglasfenster und Gloriolen besonders betont.

Mit einem geringen Budget unter weitestgehender Verwendung vorhandener Materialien konnte eine nachhaltige Neukonzeption umgesetzt werden.

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Umgestaltung Innenraum Friedhofskapelle Thalheim / Erzgeb.

Kategorie: Öffentlich, Innenraum
Bauherr: Evangelisch-Lutherische Kirche Thalheim / Erzgebirge

Entwurf: Hendrik Heine

Leistungen: Objektplanung, Lph 1 – 9
Leistungsbeginn: 2020
Fertigstellung: 2022

Veröffentlichungen: Jahreskalender der Architektenkammer Sachsen 2024

Fotos: Till Schuster

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